Eine Reform der Rente wird schon seit langer Zeit gewünscht. Während die letzte Regierung an diesem Vorhaben allerdings scheiterte, ist die Altersvorsorge bei der neuen Ampel-Regierung ein zentrales Thema. In vielen Punkten scheint sich jedoch noch nicht so viel getan zu haben – es bleibt zunächst bei der schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Auch das Rentenniveau soll bei 48 Prozent bleiben und die Rentenbeitragssätze der Arbeitnehmer werden lediglich vorerst nach oben hin begrenzt, sodass sie innerhalb der nächsten vier Jahre nicht über 20 Prozent steigen können. Momentan liegen die Beiträge bei 18,6 Prozent. Für die aktuellen Arbeitnehmer und Rentner ändert sich also wenig. Für zukünftige Rentengenerationen sieht das System aber gänzlich anders aus, denn die neue Regierung hat nun eine neue Form der aktienfinanzierten Altersvorsorge beschlossen: die sogenannte Aktienrente, wie die FDP sie nennt. Dies beinhaltet, dass die gesetzliche Rente in Zukunft nicht mehr vollständig umlagefinanziert, sondern teils kapitalgedeckt wird. Das neue Rentensystem soll Arbeitnehmer in die Wirkungsweise des Kapitalmarkts einführen. Der Koalitionsvertrag spricht diesbezüglich über einen dauerhaften Fond, welcher „von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle professionell verwaltet werden und global anlegen“ soll. Der Staat selbst kann keinen Zugriff auf die in die Fonds eingezahlten Beiträge der Bürger nehmen, sondern diese bleiben eigentumsgeschützt. Die Einführung dieses neuen Rentensystems zieht großflächige Änderungen für den Aktienmarkt mit sich.
Aktuell ist die Zahl der Deutschen, die Investitionen in Aktien tätigen, sehr überschaubar – dies betrifft lediglich 18 Prozent der Bevölkerung, was sich zukünftig zwangsläufig ändern wird. Ein Vorteil der Aktienrente besteht vor allem darin, dass sogar in Phasen von niedrigen Zinsen Rendite gemacht werden kann. Während sich bisher hartnäckig das Vorurteil hält, Aktienhandel sei nur etwas für Experten oder Wohlhabende, dürfte das neue Rentensystem derartige Ideen sicherlich über Bord werfen. Mit der Aktienrente wird möglicherweise auch eine Demokratisierung des Marktes eingehen. Andreas Hackethal, Professor für Finanzen an der Goethe-Universität, fasst dies wie folgt zusammen: „Arbeitnehmer partizipieren dann am Produktivkapital der Volkswirtschaft und profitieren direkt vom globalen Wirtschaftswachstum.“ Gleichzeitig beinhaltet das neue aktienbasierte Rentensystem, dass der Staat selbst ein großer und mächtiger Anleger der Fonds wird. Die genaue Aktiengestaltung ist bisher nicht im Koalitionsvertrag festgelegt, Einigungen und Bekanntmachungen diesbezüglich stehen noch aus. Grundsätzlich lässt sich aber zu dem neuen Rentensystem sagen, dass derartige Änderungen längst überfällig waren. Andernfalls hätte der demographische Wandel zukünftig einen Kollaps des Rentensystems bewirken können, denn immer weniger junge Menschen hätten sonst eine stetig ansteigende Zahl an Rentnern finanzieren müssen.



